In den letzten Tagen war das Knallen der Schüsse im nahen Wald zu einem vertrauten Geräusch geworden. Ingo und Uwe teilten sich die Aufgabe den Wildschweinbestand etwas zu dezimieren. Bis heute waren den Beiden drei ausgewachsene Keiler und zehn Überläufer vor die Flinte gekommen. Langsam schien das Schwarzwild zu begreifen, dass auf den wegen nichts Gutes auf sie wartete und sie begannen die Bereiche mehr und mehr zu meiden. Schon das alleine war eine positive Nachricht.
Auch das letzte Wochenende hatte für viel Positives gesorgt. Nicht nur, dass das Turnier wieder sehr gut besucht gewesen war, auch mit den Leistungen meiner Pferde war ich mehr als zufrieden. Red Dragon gewann das Qualifikationsturnier und Deway gewann ein S-Springen. Ansonsten waren alle anderen mindestens plaziert. Das ganze Training zahlte sich also aus.
Auch mit Christian habe ich mich ausgesprochen und nun ist meine Welt auch diesbezüglich wieder vollkommen in Ordnung.
Hide und Hurricane haben die Nachwirkungen der Kastration gut überstanden und sind schon wieder fast die Alten. Wo wir gerade bei Hide sind. Für ihn habe ich mir jetzt etwas einfallen lassen, damit er etwas ruhiger wird. Er bekommt nun immer mittags einen Tee aus Baldrian, Melisse und Kamille zu trinken. Ich habe beinahe das Gefühl, dass das schon hilft, aber das wird sich erst in den nächsten Wochen wirklich zeigen.
Ich war folglich heute vormittag bester Laune, als ich Pearl sattelte und mich mit ihm auf den Weg zur südlichen Rinderweide machte. Heute wollten wir die kleine Herde, die ich besaß zusammentreiben und durchchecken. Gestern hatten wir für die Fangaktion alles vorbereitet und nun ging es endlich los.
Als ich ankam, war ich höllisch aufgeregt, machte ich das doch zum ersten Mal. Lesley, die in Amerika bei einem echten Cowboy gelernt hatte, war da routinierter. Sie erklärte mir worin meine Aufgabe bestand und schwang sich dann auf Flight Queen, eine geliehene Quarter Horse Stute. Sie gab den Helfern ein Zeichen, schnalzte einmal mit der Zunge und die Braune galoppierte los. Auch ich gab Pearl das Zeichen zum loslaufen und wenig später kreisten wir die Herde ein. Die ungarischen Rinder waren halbwild. Sie wurden zwar regelmäßig gefüttert, waren aber ansonsten nicht an Menschenhand gewöhnt. Dementsprechend reagierten sie nun auch auf die sich ihnen nähernden Reiter. Sie muhten verwirrt und suchten ihr Heil in der Flucht. Pearl und ich hatten die Aufgabe die linke Flanke zu schützen und darauf zu achten, dass keines der 15 Rinder dorthin ausbrach, während die Anderen, alles erfahrene "Cowboys", den Rest übernahmen. Um ehrlich zu sein, muss ich aber gestehen, dass mein Andalusier und ich keine große Hilfe waren. Mehrere Rinder fanden einen Weg uns zu entkommen und Pearl, der keinerlei Cowsense besaß interessierte es nicht die Bohne, dass die Wiederkäuer an uns vorbei liefen. Er fand es nur lustig neben der Herde zu bleiben und zu zeigen wie toll er auf der Stelle galoppieren konnte. Lesley sah das weniger gelassen und nötigte mich nun die Rinder wieder ranzutreiben. Wirklich eine klasse Idee, aber sie hatte die Rechnung ohne Pearl gemacht und ohne mich, die schlicht für so eine Aktion falsch gesattelt hatte. Ein Vielseitigkeitssattel eignet sich zum Rindertreiben ungefähr so, wie eine Gabel zum Suppe essen. Das musste ich schmerzlich feststellen, als mein Hengst plötzlich den Ehrgeiz entwickelte einem Rind nachzusetzen und plötzlich, als dieses sich umdrehte, weil es zurück zur Herde wollte, aus vollem Tempo stehenblieb und ich nicht mit so einer Aktion rechnend, im hohen Bogen über seinen Hals schoss. Ich landete unsanft neben meinem etwas verdutzt blickenden Pferd auf der harten Wiese. Während ich dann wieder aufstieg, trieb Lesley mit ihrer Quarter Stute die entfleuchten rinder zurück richtung Pferch. Ich sammelte mich derweil und setzte dann mit Pearl hinterher.
Nach einer Stunde hatten wir die Rinder schließlich im Pferch und eines nach dem Anderen wurde untersucht, geimpft und dann wieder entlassen.
Am Ende dieser Aktion bat mich Lesley ich möge nie wieder auf die Idee kommen beim Rindertreiben helfen zu wollen und ich konnte nur lachend zustimmen. Ich würde das in der Tat denen überlassen, die das auch wirklich konnten.
Am Nachmittag bereiteten wir dann alles für das zweite Wildschweinessen vor. Es waren dieses Mal nicht nur meine Angestellten und ihre Familien eingeladen, sondern auch Einige mehr. So hatte ich auch Fee vom Pirvatstall Kleemann mit ihrer Familie eingeladen. Ich freute mich schon darauf ein wenig mit ihr schwatzen zu können. Die Bandagen, die ich ihr versprochen hatte, hatte ich auch schon bereit gelegt. Außerdem waren noch einige Familien aus dem Dorf mit von der Partie. Irgenwie mussten ja die Mengen an Fleisch an den Mann bzw die Frau gebracht werden.
Es wurde ein sehr lustiger Abend. Wie schon letzte Woche trennten wir uns erst gegen Mitternacht wieder und das Essen war dieses Mal noch gelungener. Wir hatten ja jetzt schon ein bisschen Übung mit dem Würzen.

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