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 Betreff des Beitrags: Ein Bike für Alex - Part I
BeitragVerfasst: Dienstag 16. November 2010, 01:44 
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Captain Becker
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Registriert: Sonntag 6. Juli 2008, 21:25
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Mit klammen, müden Fingern zog ich Dynamiks Sattelgurt noch einmal fest, bevor ich den Braunen nach draußen zu Linda und Stand my Ground führte. Dichter Nebel hing über dem Gut und ein unfreundlicher, schneidender Wind blies uns eiskalte und feuchte Luft ins Gesicht. Es war kurz vor fünf an einem Freitag Morgen, es sah verdammt nach Regen aus und ich war hundemüde. Wie beneidete ich in diesem Augenblick Theo, der für die nächsten Wochen ausschlafen konnte. Eye of the Tiger wurde nur schonend bewegt nach seiner Kastration und würde erst Ende November wieder auf die Bahn zum Trainieren gehen. Im Stall hinter mir war nur mäßig Betrieb. Sina kämpfte noch mit Dragons Gamaschen, Henning und Alex erzählten sich gedämpft einen Witz, während sie Hide und Vulcano zu uns heraus führten und Paul versuchte einen nervösen Syndikat davon zu überzeugen still zustehen, damit er endlich den Sattelgurt würde schließen können. Ansonsten war es noch beneidenswert ruhig in dem großen Gebäude. Die meisten Pferde schliefen noch und auch die Pfleger kamen gewöhnlich erst um 6 zum Misten, so war auch in den umliegenden Gebäuden kaum Licht. Neben mir gähnte Linda herzhaft und wischte sich dabei mit einer Hand über die Augen. Auch bei ihr war es gestern spät geworden. Wir alle waren beim Hoffest gewesen und viele, dazu gehörten auch Linda und ich, waren bis zum Schluss, so gegen zwei, geblieben. Das rächte sich jetzt. Keiner von uns fühlte sich an diesem Morgen so recht in der Lage gleich in den Sattel zu steigen und doch wussten wir, das Christian und Thomas von allen, die am Training teilnahmen, in jeder Sekunde hundert Prozent verlangten, egal wie es einem ging.
Schweigend führten wir unsere Pferde den guten Kilometer durch die milchige Dunkelheit zur Trainingsbahn. Gespenstisch wirkte das Flutlicht durch den Nebel und die Bäume, als wir um die letzte Biegung des Weges kamen. Wie, als ob da gerade ein UFO im Wald bewachsenen Innenraum gelandet wäre. Ich musste innerlich über den Gedanken lachen. In der Tat bekam man so etwas sonst wirklich nur bei Akte X oder einem Horrorfilm zu sehen, wo besonders viel Spannung aufgebaut werden sollte. Der Nebel war besorgniserregend dicht. Keine zehn Meter weit konnte man kucken.
Unser Fußmarsch hatte nicht einmal zwanzig Minuten gedauert und als wir an den äußeren Rails ankamen, erwarteten die beiden Trainer uns bereits. Einem nach dem Anderen halfen sie in den Sattel und los ging das Aufwärmen. Die Müdigkeit war nun wie weggeblasen. Zu sehr mussten wir alle bei dem Wetter aufpassen nicht zusammenzustoßen und so sorgte schon das Adrenalin für genug Aufmerksamkeit und Konzentration. Dann, nach einer viertel Stunde, die aus Trab und dann leichtem Galopp auf einem recht engen Zirkel bestanden hatte, begannen wir mit dem eigentlichen Konditionstraining und nutzten dafür die ganze Bahn. Dynamik machte mir zum Glück das Ganze leicht und stand sehr gut an den Hilfen. Sein gleichmäßiger Galopp und sein rhythmischer Atem lullten mich langsam aber sicher wieder ein und meine Gedanken begannen abzugleiten. Ich dachte an die Pferde, die ich heute noch reiten würde, das Turnier, das nächste Woche anstand und gerade begann ich zu überlegen wen ich denn nun nach Stuttgart mitnehmen würde, als scharf und vor allem laut von der Seite mein Name gerufen wurde. Christian war meine geistige Abwesenheit nicht entgangen und er suchte sich genau den Moment, als ich seinen Standort passierte, dazu aus, mir seinen Unmut kundzutun. Dynamik schmeckte der rüde Ton gar nicht und mein Brauner Hengst quittierte die die Stille zerfetzende, durchdringende Stimme des Trainers mit einem gewaltigen Satz, den er nach vorne machte. Aus seinem runden und federnden Mittelgalopp war in Bruchteilen einer Sekunde ein Renngalopp erwachsen, den ich Mühe hatte wieder zu bremsen. Mit einem “Das nächste Mal sorge ich dafür, dass du unten liegst” in den Ohren bog ich mit meinem jetzt auf Teufel komm raus pullenden Pferd in den oberen Bogen ein und brauchte bis zum Ende der Gegengeraden um Dynamik wieder in den sauberen Mittelgalopp von vorher zu bekommen. Etwa drei Längen vor mir sah ich jetzt das gescheckte Fell von Stand my Ground im Flutlicht durch den mittlerweile dünner gewordenen Nebel leuchten. Ich verlangsamte also Dynamiks Galopp noch ein bisschen, bis der Nebel Linda und ihren vierbeinigen Partner wieder verschluckte, bevor ich meinen Hengst erneut in einen ordentlichen Mittelgalopp brachte.
Eine schiere Ewigkeit später, nach unzähligen immer im Wechsel gerittenen Trab- und Galoppsequenzen, kam endlich Christians erlösender Ruf und wir ließen unsere schwitzenden und schnaubenden Vierbeiner am langen Zügel zurück Richtung Hof gehen. Ich sortierte mich neben Paul und Syndikat ein, um mich auf den neuesten Trainingsstand des Fuchses bringen zu lassen und war mit dem, was ich hörte sehr zufrieden.
Im Stall übergab ich dann Dynamik an Julia und verschwand erst einmal im Büro, um einen Kaffee oder einen Red Bull oder sonst etwas koffeinhaltiges zu mir zu nehmen. Ich hatte nämlich das beängstigende Gefühl auf der Stelle einschlafen zu müssen. Drei Stunden Schlaf, na ja eigentlich zweieinhalb, wenn man es genau nahm, waren einfach zu wenig, um leistungsfähig zu sein. Trotzdem raffte ich mich schließlich auf und machte meinen täglichen Rundgang über den Hof. Ich kontrollierte den Hauptstall, ging dann hinüber zur Krankenstation im neugebauten Wellness- und Regenerationszentrum, um Moony, Man in tue Moon und Casalinga zu besuchen, sah bei den Stuten vorbei, besuchte die Jungpferde und schaute dann im neuen Offenstall nach dem Rechten, wo ich von Primeval und Rip in Time freudig begrüßt wurde. Schließlich ging ich noch einmal zurück zu den Jungpferden, als ich das neueste Mitglied der Herde, Celtic Rhythm, herzzerreißend nach seiner Mama rufen hörte. Wir hatten den kleinen Hengst vor ein paar Tagen endgültig entwöhnt und nun riefen Mutter und Sohn unentwegt nacheinander. Ich wusste, dass das schnell vorübergehen würde, aber es traf mich dennoch immer wieder bis ins Mark, wenn ich die verzweifelten Schreie eines nun langsam erwachsen werdenden Fohlens hörte. Sieben Monate hatten es unentwegt mit seiner Mutter verbracht und nun plötzlich war sie nicht mehr da. Dafür gab es nun aber viele Spielgefährten. Sie waren zwar alle etwas älter als Rhythm, aber dennoch konnten sie ihm eine Familie sein. Auch das Training war ab sofort Teil seines Lebens. Erst mal einmal in der Woche gewöhnten wir ihn behutsam an das Fohlen-ABC, so dass er schon jetzt alle wichtigen Grundlagen beigebracht bekam, die später aus ihm ein ausgeglichenes und umgängliches Pferd machten. Seine Mutter dagegen würde im nächsten Jahr wieder gedeckt werden und so schloss sich der Kreis.
Es begann allmählich zu dämmern, als ich mich mit Red Bay auf den Weg in die Dressurhalle machte. Mein kleiner Unglücksrabe, der seit seinem Unfall vor gut vier Jahren nur noch Lucky hieß, wird von mir seit einiger Zeit weiter ausgebildet, aber ob ich wirklich mit ihm noch in die Turniersphären aufsteigen werde, die seinem Talent angemessen wären, wage ich ernstlich zu bezweifeln. Ich freue mich einfach nur an den Bewegungen des mittlerweile achtjährigen Pferdes und genieße es, dass ich ihn überhaupt noch reiten kann. Jede dieser Stunden scheint mir wie ein Geschenk und immer wieder aufs Neue macht es mich glücklich, wenn ich Red Bays Lebenslust sehe und spüre.
So genoss ich, wie immer, das Training auf meinem kleinen Andalusierhengst und freute mich an seinen Bemühungen. Das Alter hatte ihn ruhiger gemacht und so lief er auch heute wieder fast wie ein Uhrwerk im Viereck. Kurz vor acht stellte ich ihn schließlich zufrieden unters Solarium, während ich seine Sachen wegräumte, putzte ihn selbst noch einmal über und brachte ihn danach in seine Box zurück.
Nach dem Frühstück, der Himmel drohte noch immer mit Regen, ritt ich ein wenig mit Pearl spazieren und besuchte Ingo. Wir besprachen einige Dinge und dann sollte es eigentlich zurück zum Hof gehen. Eigentlich! Pearl aber hatte andere Pläne. In seiner unnachahmlichen Art gab er mir zu verstehen, dass er gerne mal wieder auf die Bahn wollte. Wir hatten das in letzter Zeit nicht mehr gemacht, da ich, wenn ich denn das Renntraining mit ritt, meist auf einem der Vielseitigkeitspferde saß und meinen Rappen diesbezüglich schändlich vernachlässigte. Also ließ ich ihm seinen Willen und ritt den Umweg zur Trainingsbahn. Da durfte mein Andalusier dann mal wieder so richtig aufdrehen und als Pearl im Renngalopp über die Bahn fetzte, wurde mir schmerzlich bewusst wie sehr ich das vermisst hatte. Pearl und ich - eine Einheit - eins miteinander - jeder wusste, was der Andere dachte - frei von allem - nur so dahinfliegen. Ich lag tief über seinem Hals, hatte ihm die Zügel vollkommen hingegeben und passte mich einfach nur noch seinen kraftvollen Bewegungen an. Es fühlte sich so gut, so richtig, so vollkommen an. Ein ungemeines Glücksgefühl strömte durch meinen eigentlich erschöpften und nach Schlaf dürstenden Körper und gab ihm neue Energie. Jeder seiner mächtigen, bodenfressenden Sätze schwang in mir nach wie ein Echo. Viel zu schnell fiel er wieder in Trab und löste den Zauber des Augenblicks. Ohne es zu merken waren wir anderthalb Runden, das entsprach fast anderthalb Kilometern, in diesem schnellen, hypnotischen Galopp gewesen, bevor Pearl langsamer geworden war. Jetzt trabte er zufrieden pustend dem Ausgang und damit dem Hof entgegen und auch ich ruhte in diesem Augenblick vollkommen in mir und fühlte mich wie neu geboren.
Nach dem Mittag arbeitete ich dann mit Primeval und mit Tommy in der Springhalle. Beide wollte ich lediglich ein bisschen gymnastisieren, denn sowohl mit Tommy, als auch mit Primeval war ich mittlerweile zu so einem guten Team geworden, dass es wenig Abstimmungsschwierigkeiten gab. Sicher - Primeval war hin und wieder launisch, aber das hatte ich schon erstaunlich gut im Griff. Wenn es darauf ankam, war der braune Wallach stets präsent, wie das Abschneiden sowohl in Wiesbaden, als auch letzte Woche bei den Munich Indoors eindrucksvoll bewiesen haben. Er ist einfach ein fantastisches Pferd und immer wieder danke ich dem Schicksal und wem man noch so alles danken sollte, dass wie zusammengeführt wurden. Überhaupt bin ich ungemein glücklich, dass ich mit einer solchen Fülle an Spitzenpferden gesegnet bin und sich bis jetzt jeder meiner Käufe als richtig erwiesen hat. Tommy macht da keine Ausnahme. Auch er ist beeindruckend talentiert und macht mir mit jedem Ritt von Neuem Freude. Natürlich darf auch Heartbreaker nicht unerwähnt bleiben, wenn wir hier von Spitzenpferden reden. Auch er ist so überragend fantastisch, dass ich mich manchmal frage womit ich so viel Glück überhaupt verdient habe.
Kurz um - ich genoss das Training mit beiden Herren und hängte bei Beiden anschließend noch einen kurzen Ausritt dran.
Überhaupt war heute der Tag der Ausritte. Auch mit Hot Spot machte ich einen, allerdings eher unfreiwillig. Die Dame, jetzt schon fast zwei Monate aus dem Rennsport verabschiedet, sieht den Verlust ihrer sportlichen Tätigkeit leider noch immer nicht so ganz ein und hat so ziemlich allen klar gemacht, was sie von dem laxen Leben als Reitpferd hält. Ich bin als Einzige noch übrig geblieben. Wenn das schwarze Monster, natürlich sagen wir das nur im Spaß, gute Laune hat, kann man mit ihr tolle Ausritte machen. Hat sie jedoch schlechte, kommt man mit ihr nicht mal vom Hof ohne schon einmal unten gelandet zu sein. Ein gesittetes Dressurtraining ist jedoch noch nicht mal dann möglich, wenn Spotty gut gelaunt ist. Also läuft es zwangsläufig jeden Tag auf einen Ausritt hinaus, auf dem ich dann meist versuche sie Schritt für Schritt an mehr Hilfen und mehr Bein zu gewöhnen.
Heute hatte ich Glück. Spotty hatte gute Laune und so freute ich mich auf den Ritt mit ihr. Kaum waren wir jedoch losgeritten, begann es zu tröpfeln. Ich dachte mir nichts weiter dabei, zog die Kapuze enger über meine Reitkappe und ritt weiter. Auf halbem Wege zum See, das waren immerhin drei Kilometer, begann es plötzlich wie aus Eimern zu schütten. Ich wendete die Rappstute und galoppierte sie an, was meine Situation nicht wirklich verbesserte, denn nun peitsche mir der eiskalte Regen genau ins Gesicht. Auch Spotty gefiel das ganz und gar nicht. Mit angelegten Ohren versuchte sie schneller zu laufen, als ich es für richtig hielt und so kamen wir dann in Disput über das Tempo, mit dem wir zum Hof zurück kehren sollten. Kurzerhand entschloss sich Spotty selbst das Tempo zu bestimmen, setzte mich bei der nächsten Gelegenheit ab und kehrte alleine nach Sonnental zurück. Ich durfte dann den restlichen Weg in Sturm und strömendem Regen zu Fuß zurücklegen.
Als ich endlich ankam, gab es keinen Körperteil an mir, der nicht vollkommen durchnässt und eiskalt war. Sogar in meinen Stiefeln hatte sich Wasser gesammelt. Ich hätte mich so gerne trocken gelegt. Doch wie ich an den Gesichtern meiner Pfleger sah, hatte sich keiner an Spotty heran getraut und Jörg, der Einzige, den sie neben mir, wenn auch nicht im Sattel, akzeptierte, war im Urlaub. Also war es an mir die Dame, die jetzt zufrieden dreinblickend in ihrer Box stand, vorher noch abzusatteln, trocken zu reiben und einzudecken. Die ganze Zeit sah sie mich mit diesem Ausdruck in den Augen an, der zu sagen schien “Siehst du, wenn du auf mich gehört hättest, wärst du jetzt nicht so nass!”
Ich war bedient.
Zwanzig Minuten später, ging ich, kleine Pfützen auf den Teppichen hinterlassend hoch in unsere Wohnung und unter die Dusche. Was ich wollte, war nur Wärme. Ich zitterte am ganzen Körper und zur Kälte kam nun auch wieder die verdammte Müdigkeit, die sich mit Macht meinem Körper bemächtigte. Ich sehnte mich nach meinem Bett. Schlafen! Ich wollte nur noch schlafen. Dennoch riss ich mich zusammen, zog mir etwas Trockenes an und ging hinunter zum Abendessen. Immerhin nutzten wir die Mahlzeiten, um die Ereignisse des Tages zu besprechen. Da sollte ich als Chefin möglichst nicht fehlen.
Das allgemeine Grinsen auf den Gesichtern meiner Angestellten, als ich den Raum betrat, gab mir den Rest. In diesem Stadium hätte ich mich liebend gerne in eine Ecke gesetzt und wie ein quengliges Kind angefangen zu heulen. Das Telefon erlöste mich. So verzweifelt, wie ich war, ging ich ran, doch als ich die Stimme am anderen Ende hörte, hellte sich meine Laune wie aus dem Nichts gleich um etliche Nuancen auf.
“Paul Jr. Designs, Paulie is speaking. Hi Katharina. How are you?” kam es vom anderen Ende der Leitung. Mit einem seligen Grinsen im Gesicht verließ ich den Raum, während ich ein “Hi. I’m fine. Wait a moment please.” zurückgab. Im Büro angekommen, machte ich es mir gemütlich und plauderte etwas mit Paulie, bevor wir zum eigentlichen Grund seines Anrufes kamen. Er war mit dem Design durch und wollte nun die Entwürfe abgesegnet haben. Noch während wir miteinander sprachen, erwachte mein Postkasten zum Leben und ich sah mir das gesendete Bildmaterial an. Wir gingen alles zusammen durch und nach zehn Minuten bekam er mein okay. Noch ein wenig Smalltalk und das Gespräch war beendet. Eigentlich schade, wie ich fand, denn ich mochte Paulie und redete gerne mit ihm.
Schon bei unserem ersten Mailkontakt im August diesen Jahres empfand ich das so. Trotzdem er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, was ich genau von ihm wollte, war er von Anfang an sehr zuvorkommend und freundlich. Um ehrlich zu sein, hatte ich das nicht erwartet. Man erlebt ihn ja in der Serie American Chopper, aber daraus kann man nicht wirklich auf den Charakter eines Menschen schließen, auch wenn man sich bei der langen Zeit, die die Serie nun schon im Fernsehen zu sehen ist, ein recht gutes Bild davon machen kann.
Vielleicht sollte ich aber doch nicht ganz das Pferd von hinten aufzäumen und die Geschichte von Anfang an erzählen.

Alles begann mit einem Streit Ende Juli. Alex und ich hatten uns mal wieder gezofft. Wenn wir uns streiten, geht es immer wieder um das eine, ermüdende Thema Motorrad. Seit anderthalb Jahren liegt er mir nun schon damit in den Ohren. “Katharina ich will mir ein Bike kaufen.”, “Katharina ich vermisse meine Harley” und so weiter. Dazu muss man wohl erklären, dass Alex vor Sonnental in Köln gelebt und gearbeitet hat. Dort besaß er zusammen mit einem Kumpel zu gleichen Teilen eine Harley, verkaufte aber seinen Anteil, als er hierher zog. Nach einem halben Jahr dann, gerade, als der Sommer so richtig schön zu einer Spritztour einlud, begann er seine Maschine zu vermissen. Nicht dass er sich nicht hätte eine leisten können. Mir zuliebe verzichtete er darauf, aber er gab mir als Strafe die Schuld, dass er nicht mehr seinem Hobby nachgehen konnte, weil ich ihm jedes Mal, wenn es auf das Thema kam, die Leviten las und es ihm schlussendlich ausredete. Ende Juli nun schien der Höhepunkt erreicht. Zwei Wochen redete er danach nur noch das Nötigste mit mir, als ich mich wieder mit dem Satz “Das ist viel zu gefährlich!” durchsetzte. Allerdings bekam ich Zweifel an meinen Worten. War es wirklich richtig ihm das zu verbieten, was er mit ganzem Herzen tun wollte? Letztendlich kam ich zu dem Schluss, dass ich doch ziemlich unfair war. Ich kann immerhin nicht über sein Leben bestimmen und muss auch seine Hobbys und seien sie noch so gefährlich, tolerieren, wenn ich ihn wirklich liebe und das tue ich. So kam es dann, dass ich mich mit Paulie in Verbindung setzte, um ihm einen Auftrag für ein Bike zu geben, das ich Alex zu seinem Geburtstag am 20.3 schenken will. Vielleicht werden sich jetzt einige fragen, warum ich diesen Auftrag nicht in Deutschland gelassen oder zu OCC gegeben habe. Nun das ist ganz einfach. Die amerikanischen Chopper sind einfach einmalig und davon habe ich einfach schon mehr gesehen, als von den Deutschen. OCC hat den Auftrag von mir nicht bekommen, weil ich den Senior nicht besonders mag und da muss ich ihm ja nicht noch Geld in den Rachen werfen. Außerdem war mir von Anfang an klar, dass ich Paulie mit seiner neuen Firma unterstützen wollte.
Nachdem also unser erster Kontakt so gut verlaufen war, beschloss ich im September persönlich nach Amerika zu fliegen und alles in trockene Tücher zu bringen. Alex und den Anderen gegenüber tarnte ich die Reise als “Geschäftsreise” und das stellte glücklicherweise auch niemand in Frage. So konnte ich vollkommen unbehelligt am 3. September nach Berlin fahren. Dort verbrachte ich eine Nacht in meiner neuen Eigentumswohnung, um dann am nächsten Morgen ziemlich früh zum Flughafen aufzubrechen und den Flieger nach Frankfurt zu besteigen. Gegen Mittag ging dann mein Anschlussflug nach New York. Non Stop und First Class. Knapp neun Stunden war ich in der Luft und kam gegen drei Uhr nachmittags Ortszeit am JFK an.
Es dauerte eine schiere Ewigkeit, bis ich endlich durch die Sicherheitskontrollen durch war, mein Gepäck hatte und in meinem reservierten Mietwagen, einem dunkelblauen Jeep Grand Cherokee, saß. Mein Weg führte mich nun in den Ort Fishkill, wo mein Hotel lag.
Aus den bei Google ausgerechneten anderthalb Stunden Fahrtzeit waren am Ende Dank eines fetten Staus auf dem Interstate 684 drei geworden und so kam ich erst gegen acht vollkommen erledigt vor dem Sierra Poughkeepsie-Fishkill an und konnte endlich meine Suite beziehen. Jeder kann sich vorstellen wie erledigt ich nach einem solchen Tag war. So packte ich nur noch aus, ging etwas essen und verabschiedete mich dann ins Bett.
Am nächsten Morgen schlief ich bis neun Uhr. Ungewöhnlich für mich, war ich doch eher der Frühaufsteher. Der anstrengende Vortag und das sehr bequeme Bett taten jedoch neben der Zeitumstellung das Ihrige zu meinem langen Schlaf bei. Nach einer Dusche und einem späten Frühstück machte ich mich dann auf den Weg nach Rock Tavern, wo Paulies neue Werkstatt sich befand. Natürlich hatte ich mein Kommen vor meinem Abflug aus Deutschland per Mail angekündigt und so wurde ich, als ich in die Stone Castle Road Nummer 14 einbog schon erwartet. Die Begrüßung fiel für unser erstes Treffen erstaunlich herzlich aus und ich hatte das Gefühl, dass wir sofort auf einer Wellenlänge waren. Nach ein wenig Smalltalk und einer kleinen Führung durch die Werkstatt zogen wir uns schließlich ins Büro zurück, um übers Geschäftliche zu reden. Allerdings beinhaltete das nicht, wie ich vor meinem Abflug noch gedacht hatte, nur das Bike an sich. Im Flieger, wo man ja eine Menge Zeit zum Nachdenken hat, bin ich auf die Idee gekommen mir auch gleich eine Kollektion an verschiedenen Sachen von ihm designen zu lassen. Hintergrund dieser Idee war, dass ich ein wenig Werbung für Paul Jr. Designs reiten wollte. Ich habe ja keinen Sponsoren. Wozu auch? Ich brauche ja eigentlich auch keinen. Das bedeutet aber auch, dass die erlaubten Werbeflächen auf der Turnierkleidung und dem Equipment der Pferde, die normalerweise von den Logos der Sponsoren bedeckt werden, bei mir noch frei sind. Paulies Firma zu unterstützen war mir ein inneres Bedürfnis seit ich davon erfahren habe und das war nun einmal die beste Möglichkeit für mich neben dem Auftrag mit dem Bike ihm beim Bekanntmachen seiner Firma zu helfen.
Einzig Paulie musste ich jetzt noch von den Vorteilen einer solchen Zusammenarbeit überzeugen und ihm klarmachte, dass er keinen Cent würde investieren müssen, sondern dass ich alles, was ich brauchte, bei ihm erwarb und es mir nur um seine Erlaubnis ging seine Logos tragen und für ihn die Werbetrommel in Deutschland und auf internationalen Turnieren im Ausland rühren zu dürfen. Zunächst war er noch sehr skeptisch. Verständlicherweise suchte er nach dem Haken an der ganzen Sache. Mir war durchaus klar, dass mein Angebot für ihn wie ein Sechser im Lotto anmuten musste und dass es sich zu schön anhörte, um wahr zu sein. Wieder und wieder kauten wir das Ganze durch und es dauerte anstrengende zwei Stunden, bis er endlich einschlug. Erst, als ich die Anzahlung für das Bike vor seinen Augen online überwies und das Gleiche auch für den Rest tat, war er vollkommen überzeugt und konnte sich freuen. Es war für mich so genial, als sich sein Mund plötzlich zu einem breiten Grinsen formte, er nur ungläubig, über so viel Glück, mit dem Kopf zu schütteln begann, dann seine Mitarbeiter zusammentrommelte und die frohe Botschaft verkündete.
Wenig später saßen wir schließlich alle in einem Restaurant, um die Partnerschaft zwischen Gut Sonnental und Paul Jr. Designs gebührend zu feiern. Jetzt war auch Mikey, der kleine Bruder von Paulie mit von der Partie und wir begannen uns angeregt über seine Wohltätigkeitsprojekte zu unterhalten. Ich fragte gezielt nach, denn ich wusste, dass er sich sehr für die Stiftung Juvenile Diabetes engagierte und ihm gerade das unglaublich am Herzen lag. Innerlich wusste ich zu dem Zeitpunkt schon, dass ich eine größere Summe dorthin spenden würde, behielt das aber noch für mich, denn ich wollte Mikey damit überraschen, bevor ich abreiste.
In den nächsten Tagen war ich ein gern gesehener Gast in der Werkstatt. Immer wieder rief mich Paulie an und eine knappe halbe Stunde später saß ich dann mit ihm vertieft vor dem Rechner und wir tobten uns gemeinsam am Design für Alex’ Bike aus. Sonst war das so nicht üblich, aber ich denke bei mir hat er da einfach eine Ausnahme gemacht, zumal ich großes Interesse am designen des Choppers hatte. Am Ende einigten wir uns auf einen Look, der zwischen dem Ghost-Rider-Bike und dem Black Widow lag. Es kam einfach eine geniale Kombination dabei raus, auf deren Ergebnis ich mehr als gespannt bin.
Ansonsten, wenn ich nicht gerade bei Paul Jr. Designs rum hing, sah ich mir die Gegend an, in die es mich verschlagen hatte. Auch OCC stattete ich einen Besuch ab und staunte über die tollen Ausstellungsbikes. Natürlich sah ich da einige Bekannte zum ersten Mal in Life. Das Black Widow, das Jet-Bike und noch Andere. Der Besuch in den Verkaufsräumen der Zentrale von OCC war einfach cool und ich stellte mir vor wie sehr Alex mich beneiden würde, wüsste er wo ich gerade war. Ich beschloss nächstes Jahr, wenn es passte, mit Alex zusammen nach Amerika zu fliegen und ihm das alles zu zeigen.
Viel zu schnell war der Trip zu Ende und ich musste zurück nach Deutschland. Von Mikey verabschiedete ich mich wie geplant mit einem symbolischen Scheck, die Überweisung hatte ich schon ausgeführt, und freute mich über sein erstauntes Gesicht. Ich glaube während dieser Reise habe ich nicht nur einen Teutul glücklich gemacht.
Vollkommen zufrieden mit mir und der Welt kehrte ich also in den Alltag von Gut Sonnental zurück und nur ein paar Tage später schickte ich Paulie dann alle Daten und graphischen Anregungen, die er für die Verwirklichung des Equipments und der neuen Arbeitskleidung für mich und meine Angestellten brauchte. Erwartungsgemäß Anfang Januar soll das alles fertig und bei uns in Deutschland sein.

Noch einmal sah ich mir jetzt seine Entwürfe an und war sofort wieder von Neuem begeistert. Alles, was wir in den letzten Monaten besprochen hatten, hatte er so perfekt und genial umgesetzt, dass ich es kaum erwarten kann das erste Mal alles zusammen vor mir zu sehen. Bestellt habe ich bei ihm neben der Kleidung für mich und meine Angestellten neue Satteldecken, sowie neue und für jedes Pferd einzeln nach Maß gefertigte Sättel und für alle Pferde einheitliche Deckensets. Alles wird in Amerika von hervorragenden Leuten aus besten Materialien angefertigt und einmalig auf den Turniergeländen sein, das weiß ich schon jetzt. Wir werden Blickfang werden mit den genialen und so noch nie dagewesenen Satteldesigns und ins Auge springenden Stickarbeiten auf den Decken.
Ich rieb mir die Hände, als ich mein Büro verließ und für einen Augenblick war die Müdigkeit vollkommen vergessen. Ich kehrte mit zufriedenem Ausdruck im Gesicht zum Abendessen zurück und verzog mich nach der Besprechung mit Stallmeister und Teamleiter dann endlich und verdient in mein Bett. Es war gerade halb neun.

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Verfasst: Dienstag 16. November 2010, 01:44 


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