Mir, als eingefleischtem Karnevalsjecken und geborener Kölnerin tat die Zeit um die tollen Tage besonders weh. Es war das erste Jahr, in dem ich nicht laut singend und schunkelnd an der Straße stand und versuchte Kamelle zu ergattern. Die Turniere und der tägliche Wahnsinn auf dem Hof ließen für so etwas einfach keine Zeit. Sechs Tage Abwesenheit konnte ich mir schlicht nicht leisten und selbst einen Tripp zum Rosenmontagsumzug hätte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren können.
So wie mir ging es einigen meiner Angestellten. Viele von ihnen kamen aus Karnevalshochburgen, wollten den Hof aber dennoch nicht im Stich lassen. Leider - leider hatte es uns jedoch in eine so karnevalsunfreundliche Gegend verschlagen, wie kaum in Deutschland. Hier an der Ostsee und um Sonnental herum konnte man mit "Viva Colonia" und "Da simmer dabei" so absolut gar nichts anfangen. Das Karnevalsfeeling lag hier noch unter dem Gefrierpunkt.
Wir Jecken ließen uns davon jedoch in keinster Weise abschrecken und beschlossen an Rosenmontag unsere eigene Fete zu schmeißen. So wurde die Allzweckhalle zweckentfremdet und zu unserer ganz persönlichen kleinen Karnevalshochburg umgebaut.
Schon seit Weiberfastnacht bemühten sich meine Mitarbeiter alles herzurichten. In jeder freien Minute sah man sie die Wände schmücken, Tische aufbauen und Stühle zurechtrücken. Die große Leinwand und der Videobeamer, die ich aus meiner Wohnung zur Verfügung gestellt hatte, fanden wohl den größten Anklang. Mir wurde berichtet, dass sich sämtliche auf dem Hof lebenden Mitarbeiter jeden Abend in der Allzweckhalle versammelt und gemeinsam diverse Karnevalssendungen angesehen hatten.
Endlich war dann der 23.2 gekommen. Den ganzen Morgen über bemühten sich alle mit vereinten Kräften sämtliche notwendigen Arbeiten zu erledigen, um pünktlich um 10 fertig kostümiert in der Halle zu sein. So wurde das, was sonst in vier Stunden noch nicht geschafft ist an diesem Tag in zweien erledigt. Nicht nur alle Pfleger, sondern jeder, der eine Hand frei hatte packte mit beim Ausmisten an. Ich organisierte derweil noch den Rest. Ich hatte nämlich, damit unser Kochgespann mitfeiern kann, extra einen Caterer bestellt und dieser musste nun eingewiesen werden. Mein Kostüm, ich ging als Hexe, hatte ich schon am Morgen angezogen und damit meine Pferde, die mich sonst nur in Reithosen kannten, mächtig verwirrt. Auch der Mann vom Catering schaute mehr als blöd aus der Wäsche, als er mich in meinem schwarzen Umhang mit dem Spitzhut auf dem Kopf auf sich zueilen sah. Ich möchte nicht wissen, was der in dem Moment gedacht hat. Noch verwirrender schien für ihn die Tatsache zu sein, dass nach und nach immer mehr Kostümierte die Halle stürmten. Es dauerte bei dem guten Mann etwa zwanzig Minuten, bis der Groschen fiel und ihm schlagartig bewusst wurde, dass ja Rosenmontag ist.
Wir ließen uns davon nicht stören und begannen unser kleines Fest, als im WDR endlich "Der Zooch kütt" zu lesen war. Fast alle meiner Mitarbeiter und deren Familienmitglieder wollten sich das nicht entgehen lassen und fast alle, egal woher, waren kostümiert.
Ich kann euch sagen das war ein Heidenspaß. Nachdem der Umzug beendet war, stiegen wir vom Fernsehen auf Musik um und spielten alles, was Rang und Namen in den tollen Tagen hat. Von den Höhner über Black Föös bis hin zu Brings war alles vertreten. Eswurde gesungen, getanzt und bis in den späten Abend hinein ausgelassen gefeiert.

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