Herzlich Willkommen im Forum des virtuellen Privatstalles Gut Sonnental. Ich wünsche euch viel Spaß beim Stöbern und Diskutieren. Fühlt euch wohl und habt Spaß. Viele Grüße, Katharina
Aktuelle Zeit: Samstag 18. Mai 2024, 11:24

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Rückblick aufs restliche Jahr 2009
BeitragVerfasst: Samstag 9. Januar 2010, 17:03 
Offline
Captain Becker
Captain Becker
Benutzeravatar

Registriert: Sonntag 6. Juli 2008, 21:25
Beiträge: 6851
Rückblick

Juli
Neben der Versorgung unseres ersten eigenen Fohlens auf dem Hof und natürlich dessen Mutter, widmeten wir uns ausschließlich dem Training der Pferde. Außer den anstehenden Weltcup Springen, hatten wir beschlossen allen Pferden eine lange Turnierpause zu gönnen. Vor Februar 2010 sollte keiner mehr irgendwo starten. Die Saison 2009 war für mich mit allen meinen Süßen sehr gut gelaufen und ich verspürte irgendwie nicht mehr allzu große Lust mich Woche für Woche dem ständigen Turnierstress auszusetzen. Ich hatte in der ersten Hälfte des Jahres mächtig gelitten und nervlich sehr abgebaut, so dass es, um ehrlich zu sein, eher eine Pause für mich, denn für meine Pferde wurde. Nachdem ich die zwei “Auszeiten”, die ja eigentlich Turnierwochenenden sein sollten, im letzten Monat hatte, merkte ich, wie sehr mir etwas Entspannung fehlte.
So übergab ich dann das Training der meisten Pferde in die Hände meiner Angestellten und widmete mich nur noch den Pferden, die mich als Reiterin unbedingt brauchten. Besonders Devil freute sich endlich wieder mehr Zeit mit mir zu verbringen. Er genoss unsere gemeinsamen Ausritte, auch wenn die für mich eher einer Kamikazeaktion glichen, und auch die Stunden auf dem Platz liebte er. Genauso ging es auch Pearl, Tommy und Flash. Natürlich ritt ich hin und wieder auch die Anderen, aber solch ein Pensum, was ich mir in den letzten Monaten zugemutet hatte, bestritt ich am Tag wahrlich nicht mehr.
Außerdem war es auch entschieden zu heiß, um tagsüber intensiv zu trainieren. Pferd und Mensch stöhnten gleichermaßen unter der Hitze und so waren Badeausflüge zum Gutssee alltägliche Normalität. Besonders Asco und Lucas, die ja auch unter der unerträglichen Hitze litten, rannten mit jeder Gruppe mit, die auch nur annähernd in Richtung See ging. Meine beiden Hunde kennen die Umgebung mittlerweile so gut, dass ich mir auch wegen Wildschweinen und Wölfen keine Sorgen mehr machte. Die Beiden scheinen unsere Nachbarn zwar wahrzunehmen, halten sich aber in respektvollem Abstand zu diesen und bleiben meist in der Nähe ihrer menschlichen Begleiter. Ich bin wirklich froh, dass sie alle auf dem Hof so sehr akzeptieren, dass sie auf sie hören und bei ihnen bleiben. Natürlich rennen sie hin und wieder alleine zu Ingo. Immerhin wohnen da ja ihre beiden Kumpels, die Border Collies Shadow und Kitaro, aber ansonsten bleiben sie auf dem Hof, wenn wir es ihnen sagen und stromern nicht einfach durch den Wald.
Übrigens habe ich meinen Fuhrpark mal wieder um ein weiteres Auto erweitert. Ich konnte nicht wiederstehen mir noch einen Pick Up zu kaufen. Gott wie ich die Dinger liebe. Dieses Mal ist es ein Toyota Hilux geworden. Silber, viertürig und mit allem Schnickschnack. Im Grunde sieht er aus, wie das Auto aus Primeval. Ich wollte schon immer so einen haben. Lacht nicht, aber ich hab ihn nur wegen des Aussehens gekauft. Tja - so was nennt man weibliche Logik. Wir kaufen eben Autos nicht wegen der Leistung unter der Haube, sondern nur wegen des Designs. Fahren tut sich das Ding aber trotzdem gut und um ehrlich zu sein, fährt er sich sogar entschieden besser, als mein “alter” Nissan. Trotzdem will ich auf den nicht verzichten. Deshalb habe ich ihn auch nicht verkauft, sondern für die “groben” Sachen behalten.
Wo ich gerade bei Devil bin. Na ja - zumindest gedanklich - kann ich euch auch gleich noch erzählen, dass wir ziemlich viel Damenbesuch auf dem Hof hatten. Nicht nur Devil, sondern auch die anderen, als Deckhengste eingetragenen Herren hatten ihren Spaß. Da ich überwiegend im Natursprung decken lasse, gaben sich die Stuten buchstäblich die Klinke in die Hand. Ich hoffe, das nächstes Jahr viele gesunde Fohlen auf die Welt kommen werden.

August
Gleich Anfang August sollte ich eine Nachricht bekommen, die mich mehr als nur überraschte.
Wie ihr euch ja erinnert, hatte ich Pfingsten versucht in England den Wallach Primeval zu kaufen und war kläglich gescheitert. Nachdem ich mich damit abgefunden hatte, hatte ich gar nicht mehr an das Pferd gedacht, als mich plötzlich jemand von Kruger Farm, dem Hof, auf dem er gestanden hatte, anrief. Der Wallach wäre wieder zu haben. Der neue Besitzer sei vom Kaufvertrag zurückgetreten und ob ich nicht noch Interesse an dem Tier hätte. Mir kam das sehr komisch vor und ich bat mir erst einmal Zeit zum Überlegen aus. Warum trat der Käufer plötzlich zurück? Was stimmte mit dem Pferd nicht? Aus Erfahrung wusste ich, dass Primeval ein sehr gutes Pferd ist. Mit ihm war, wenn auch nicht leicht, aber doch wenigstens auszukommen. Er hätte also überall ohne Probleme eine Zukunft gehabt. Warum jetzt dieser Sinneswandel? Für mich gab es nur eine Erklärung und die schmeckte mir gar nicht - Gewährsmängel. Ich vermutete, dass bei der routinemäßigen Untersuchung des Tieres irgendetwas aufgetaucht war, dass den neuen Besitzer veranlasst hatte den Wallach zurückzugeben und ich war nicht bereit, so gerne ich das Pferd auch haben wollte, über 1 Mio € für ein vielleicht chronisch krankes Tier auszugeben, dass mir dann vielleicht in ein paar Monaten oder Jahren unter den Händen wegstirbt. Trotzdem entschied ich mich schließlich doch dafür noch einmal nach England zu fliegen. Ich überdachte den Entschluss bis zu meinem Abflug am 10.8 noch so das eine oder andere Mal. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich in dieser Zeit mehr als nur eine schlaflose Nacht hatte. Dieses Mal konnte ich leider auch nicht auf Alex als moralische Unterstützung rechnen, weil der zu dieser Zeit vollkommen im Rennstress war. Nachdem auch meine Blüter nur trainiert wurden, nicht aber starteten, hatten meine Jockeys alle nebenbei noch jede Menge Rennen angenommen, damit sie nicht aus der Übung kamen. Zuerst hatten sie alle sich noch gewehrt und meinten, dass sie bei mir doch gut verdienen würden, aber am Ende willigten sie ein, nachdem ich ihnen erklärte, dass es voll und ganz in meinem Sinne sei, wenn sie an Rennerfahrung auf unterschiedlichen Pferden gewännen.
So fuhr bzw. flog ich also nur mit Michael und unserem Tierarzt nach England. Zum Glück konnte ich mich auf die Beiden voll und ganz verlassen. Sie würden mir den Kopf schon waschen, wenn ich drauf und dran war eine überschnelle und unkluge Entscheidung zu treffen. Beiden vertraute ich und ich wusste, dass sie mir nur in meinem Sinne raten würden. Wie geplant kamen wir also gegen Nachmittag unangemeldet auf Kruger Farm an. Wir wurden unerwartet herzlich von dem zwar überraschten, aber doch nicht, ob unseres plötzlichen Auftauchens aus der Fassung geratenen Besitzer begrüßt. Nun klärte sich auch relativ schnell der Grund für die Rückgabe von Primeval. Er habe, so Brown, wohl schon kurz nach Ankunft in Amerika an Leistung und Willen verloren. Einen Monat hatte man in Texas alles versucht, um das Pferd bei Laune zu halten, aber anstatt besser, wurde die Haltung des Tieres eher schlimmer. Am Ende sei er nur noch lustlos durch die Bahn getrottet und habe auch auf massiven Druck hin die Arbeit nahezu komplett verweigert. Ein wenig beruhigte mich das, wenn auch nicht viel. Die Gewährsmängel standen für mich noch immer unausgesprochen im Raum, bis Mr. Brown erklärte, dass die Texaner Primeval von einer Klinik in die Nächste gejagt und alle möglichen Test mit ihm gemacht hatten. Sämtliche Befunde und Unterlagen davon hatten sie am Ende mitgeschickt und die Rückgabe, wie uns Mr. Brown schließlich belegte, sei nur aus Kulanz im Austausch gegen ein anderes Pferd erfolgt. Ob er nun unsere Zweifel ahnte oder einfach nur dafür sorgen wollte, dass der etwaige neue Besitzer von Anfang an die ganze Geschichte kannte, so dass eine eventuelle Rückgabe aus diesem Grund ausgeschlossen war, war mir nicht ganz klar, aber am Ende war es mir zumindest egal und ich dachte nicht mehr weiter darüber nach. Immerhin stand nun fest, dass meine Panik vor einer versteckten Krankheit unbegründet war. Anscheinend war der Grund für das Verhalten in der Psyche des Tieres zu suchen und nicht körperlicher Natur.
Das ganze Gespräch hatte annähernd zwei Stunden gedauert und nun endlich wollte ich das Pferd sehen. Man führte uns daraufhin zu genau der Koppel, wo ich auch schon vor zwei Monaten den Pfleger dabei beobachtet hatte, wie er den Wallach damals für das Probereiten einfing. Als ich Primeval sah, erschrak ich. Er war kaum noch wiederzuerkennen. Mit hängendem Kopf stand er abseits der anderen Pferde einfach nur da und wirkte auf mich, als wäre er sediert. Als nun einer der Mitarbeiter mit dem Strick auf ihn zukam, ließ er sich ohne Widerstand einfangen und trottete genauso lustlos und beinahe niedergeschlagen hinter dem Zweibeiner her. Es zerriss mir beinahe das Herz ihn so zu sehen. Man führte ihn zu uns an den Koppelzaun und ich betrachtete ihn näher. Behutsam nahm ich seinen Kopf in meine Hände und streichelte ihm über die Stirn. Er ließ es teilnahmslos mit sich geschehen. Überhaupt fiel mir auf, dass seine Augen vollkommen ihren Glanz verloren hatten. Sie wirkten eigenartig matt und leer. Hätte ich nicht gewusst, dass das Wesen vor mir lebte und atmete, ich hätte es für ausgestopft gehalten. Hilfesuchend sah ich mich um, doch alle zuckten nur entweder ratlos oder gleichgültig mit den Schultern.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie elend ich mich fühlte, als ich zum Hauptgebäude zurückkehrte. Es stand nun die Entscheidung an, ob ich ein vollkommen traumatisiertes und apathisches Pferd mit nach Deutschland nahm und Gefahr lief ihm nicht helfen zu können oder ob ich ihn hier ließ in dem Wissen, dass er, so wie er jetzt war, keine Große Chance mehr auf ein langes Leben hatte. Irgendetwas schien verdammt schief gelaufen zu sein. Irgendetwas hatte ihn so verstört, dass er aufgegeben zu haben schien. Ich konnte es mir nicht erklären.
Mr. Brown lud uns noch auf eine Tasse Tee ein. Ich glaubte ihm die Hoffnung anzumerken, dass er Primeval loswurde, aber als er mein Gesicht sah, schien diese Hoffnung zu schwinden, wie das von dunklen Regenwolken verdrängte Licht draußen. Kaum hatten wir unsere Tassen in der Hand, begannen die Männer ein ernstes Gespräch. Worüber, kann ich euch nicht mehr sagen, da ich in dem Moment abschaltete, als sie zu sprechen begannen. Ich sah aus dem Fenster und dabei zu, wie nach und nach alle Pferde von den Koppeln in die Boxen gebracht wurden. - Und dann traf es mich wie ein Blitzschlag, als ein Grauschimmel über den Hof geführt wurde. Der Schimmel war weg. Der, mit dem ich Primeval bei unserer ersten Begegnung im Regen gesehen hatte. Der, der dem Wallach auf der Koppel so herzzerreißend nachgerufen hatte, als man diesen zum Probereiten weggeführt hatte. Mir klappte ob der Einfachheit des Ganzen der Mund auf. Sollte es das wirklich sein?
Natürlich war meine erste Frage sofort was mit dem Tier geschehen war und Mr. Brown teilte mir etwas erstaunt mit, dass Rip in Time, so hieß der weiße Hunter, noch vor Primeval den Hof verlassen hatte. Er war an einen umliegenden Hof als Schulpferd verkauft worden. Die Geschichte des Schimmels war eher traurig. Auch ihn hatte ITV 2008 als Werbeträger erworben, nachdem die Rechnung mit Primeval, bzw. Prinz Charming, wie der Wallach vorher geheißen hatte, so gewinnbringend aufgegangen war. Rip in Time jedoch blieb meilenweit hinter den Erwartungen, die in ihn gesetzt wurden, zurück und so versuchte man schon Anfang 2009 den Schimmel wieder zu verkaufen. Doch jedes Mal, wenn Interessenten ihn probegeritten hatten, sprangen sie sofort wieder ab. Kurz - keiner hatte ihn kaufen wollen, da sein Leistungsdefizit zu offensichtlich war. So war man dann mit dem Preis von Monat zu Monat runter gegangen und letztendlich verkaufte man ihn für nicht einmal ein Drittel dessen, was man für ihn ursprünglich einmal gezahlt hatte, an eine Reitschule. Zwei Mal war er von dort ausgebrochen und nach Kruger Farm zurückgekehrt. Natürlich war sein neuer Besitzer von den Spritztouren des weißen Wallachs nicht begeistert und hatte seither die Box so sichern lassen, dass das Pferd keine Möglichkeit mehr hatte das Spiel noch einmal zu wiederholen. Ich fragte dann weiter, wann denn Primeval genau abgeholt worden war und Mr. Brown erklärte mir, dass er kurz nach dem ersten Zurückkommen von Rip in Time den Hof verlassen hatte. Für mich ergab nun alles Sinn. Rip in Time war zurückgekommen, um seinen Freund zu besuchen. Nach dieser kurzzeitigen Wiedervereinigung schien zumindest Primeval davon überzeugt, sofern man das bei Pferden so schreiben kann, dass sein Freund immer wieder zu ihm zurück findet. In Amerika aber, mit zunehmender Trennungsdauer, muss ihm klar geworden sein, dass der Schimmel nicht wieder kam. Anscheinend war die Trennung von seinem Freund für den Zustand des Wallachs verantwortlich. Als ich nun mühsam mit diesem Schluss rausrückte, erklärte mich nicht nur Mr. Brown für verrückt. Michael kannte meine Ansichten und wusste, dass ich Pferde gerne etwas “vermenschlichte”, aber ich sah ihm an, dass diese Schlussfolgerung offenbar selbst für mich harter Tobak zu sein schien. Von meinem Tierarzt, der mit einer Mischung aus Belustigung, Unverständnis und Mitleid dreinblickte, will ich gar nicht erst sprechen.
Kaum eine halbe Stunde später stand ich auf besagtem Reiterhof und sah mich nach Rip in Time um. Endlich ließ sich jemand ausfindig machen und man erklärte mir freundlich, dass der Wallach nicht mehr hier sei, da er vollkommen die Mitarbeit verweigert und zudem eine Reitschülerin getreten hatte, als diese ihn aus der Box führen wollte. Man hatte ihn daraufhin an einen Pferdehändler verkauft. Mir wurde ganz anders bei diesen Worten. Ich ließ mir Namen und Anschrift des betreffenden Mannes geben und beschloss noch am selben Tag hinzufahren. Es war mittlerweile übrigens nach 18 Uhr. Michael und unser Tierarzt klinkten sich aus. Sie wollten lieber den Abend in einem Pub einläuten, anstatt auf eine so bescheuerte und sinnlose Suche zu gehen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln und so machte ich mich kommentarlos alleine auf den Weg.
Eine Stunde fuhr ich nach Norden und erreichte schließlich die gesuchte Adresse. Vorbei an einigen kleinen Paddocks mit unzähligen verschiedenen Pferden darauf, führte mich mein Weg eine kleine, unbefestigte Straße entlang, die der Mietwagen nur mit Mühe zu bewältigen wusste. Kurz schoss mir durch den Kopf, dass ich ihn vor der Abgabe noch würde waschen müssen, dann wurde ich aber von dem rundlichen, feist dreinblickenden Herren abgelenkt, der mir entgegenkam. Die Begrüßung fiel knapp aus, kam ich doch auch hier unangemeldet, da die Zuständigen auf dem Reiterhof die Telefonnummer des Händlers entweder nicht wussten, oder, wie ich eher vermutete, mir nicht hatten geben wollen. Erst, als ich durchblicken ließ, dass ich ein Pferd suchte und auf Empfehlung hier her gekommen war, änderte sich das Benehmen von abweisend kühl auf schleimig freundlich. Ich hätte kotzen können. Solche Typen mochte ich nicht. Zumal der Hof nicht nach einem ordentlich und sauber geführten Betrieb aussah, sondern eher nach einem Saustall. Anders als Kruger Farm türmte sich hier in allen Ecken der Abfall und ein riesiger Misthaufen versperrte die Sicht auf den hinteren Teil des Hofes. Dieser eklige Typ erinnerte mich noch dazu an den Händler, von dem ich damals meine drei Ponys gekauft hatte. Diesen widerlichen Schlag Mensch, der sich um nichts kümmerte und Tiere wie seelenlose Gegenstände verschacherte, schien es wohl überall auf der Welt zu geben. Es fiel mir mehr als schwer freundlich zu bleiben. Mit jedem Meter, den ich mehr in das Chaos des Hofes vordrang, wurde ich wütender. Sicher - auch dieser Reiterhof, auf dem Rip in Time vorher gestanden hatte, war nicht gerade die Ausgeburt an Sauberkeit gewesen. Auch hier hatten sich Dreckecken gefunden, die der Besucher sofort zu sehen bekam. Ich für meinen Teil hätte das eigentlich gemütliche Ambiente wohl etwas gekonnter präsentiert, aber ich bin eben Deutsche. Für mich sind offenbar andere Dinge wichtig, als für einen Briten. Zumindest aber war eine Grundsauberkeit vorhanden, die zumindest eine einigermaßen straffe Führung erahnen ließ. Da, wo es mich jedoch jetzt hin verschlagen hatte, gab es nicht einmal die. Mir wurde übel, als ich den Stall betrat. Die Pferde hier standen, anders als ihre Kollegen auf den Paddocks, in ihrem eigenen Dreck und von Fellpflege war nichts zu sehen. Fast jedes Tier hatte eine dicke Kruste aus Schweiß, Kot und Sand auf dem Rücken und an den Flanken. Wenigsten waren alle offenbar gut genährt. Ungefragt erklärte mir mein Begleiter, dass der Bursche krank sei und es deshalb hier so aussehe. Ich jedoch vermutete im Stilen, dass es hier die meiste Zeit des Jahres so aussah, nur eben nicht, wenn sich Käufer ankündigten. Nach dem für mich elend langen Smalltalk, der anscheinend hier gang und gäbe war, kam ich endlich zu dem Punkt, den ich schon seit einer viertel Stunde hatte ansprechen wollen - Rip in Time. Die kurze und für mich ernüchternde Antwort war, dass er eben dieses Pferd gerade vor vier Tagen an einen befreundeten Händler verkauft habe, da er selbst keinen Käufer hatte finden können.
Es hätte ja auch so schön einfach sein können. Mit einer neuen Adresse und neuer Hoffnung fuhr ich also weiter. Mittlerweile war es halb acht durch. Dieses Mal hatte ich zum Glück eine Telefonnummer und rief während der Fahrt den entsprechenden Händler an. Dieser schien mir sehr freundlich und gab mir bereitwillig Auskunft. Was er sagte gefiel mir jedoch gar nicht. Man habe besagtes Pferd zwar tatsächlich erworben, es jedoch aufgrund seines Unwillens nach drei Tagen intensiver Prüfung als unreitbar eingestuft. Seinen Kommentar “der Gaul ist nur noch den Fleischpreis wert”, nahm ich schluckend hin. Weiter teilte er mir mit, dass das Pferd vor zwei Stunden zum Abdecker gebracht worden war, wobei ich das Wort Abdecker, welches sich in meinem englischen Wortschatz nicht befand mir erst von ihm hatte mühsam erklären lassen müssen. Im gleichen Atemzug, also nach der Erklärung, bot er mir dann an ich solle vorbeikommen und er würde mir einige sehr gute Tiere zeigen. Natürlich wollte ich davon nichts wissen. Auch auf die Gefahr hin wieder ins Leere zu laufen und dieses Mal entgültig, löcherte ich ihn, bis er mir endlich die Adresse jenes Metzgers gab, zu dem er Rip in Time gegeben hatte.
Es war neun Uhr abends, als ich durch das Liefertor der Schlachterei fuhr. Im Gebäude vor mir brannte Licht. Kein Wunder. Ich hatte mir auch die letzte dreiviertel Stunde die Finger wund telefoniert, um jemanden von dort zu fassen zu bekommen. Glücklicherweise war es ein Familienbetrieb. Was bedeutete, dass hier nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt wurde. Allerdings war es eine Heidenaufgabe die richtige Telefonnummer, also nicht die des Geschäftes, sondern die Private rauszubekommen. Schließlich hatte ich das auch geschafft und nun wurde ich schon erwartet. Unbewusst sah ich mich um und suchte nach einem Hinweis auf lebende Pferde. Nichts. Einige leere Boxen gähnten an der Rückseite, aber ansonsten gab es mit Ausnahme des untersetzten Mannes, der auf mich wartete kein Zeichen von Leben. Ich kam sofort zur Sache und fragte nach dem Schimmel. Mein Gegenüber war ernüchternd gleichgültig und verkündete mir, dass er sich kein Tier länger als 2 Sekunden ansähe und er daher nicht wisse, was in den letzten Tagen reingekommen ist. Ich resignierte innerlich. Jetzt war ich so weit gekommen und nun das. Schließlich fragte ich mühsam, ob die angelieferten Schlachttiere von heute schon verarbeitet wären. Er überlegte kurz und meinte dann, dass noch fünf Rinder, drei Pferde und neun Schafe auf ihr Schicksal warteten.
Als ich wenig später den kleinen, dunklen Stall betrat, zitterte ich. Vorbei an den Milchkühen und Schafen führte mich Mr. McGuiness in den hinteren Teil des Gebäudes, wo sich ungefähr zehn Boxen befanden. Aus zweien sahen mir ängstliche und verwirrte Pferdeaugen entgegen. Die kleine braune Stute und ihr gescheckter Leidensgenosse schienen zu ahnen was ihnen blühte und mein Herz zog sich unweigerlich beim Gedanken daran schmerzhaft zusammen. Der Abdecker schien mir anzusehen was ich fühlte und lächelte still. Dann meinte er, dass beide Pferde unheilbar krank wären und so wie so nicht mehr lange zu leben hätten. Zum ersten Mal empfand ich etwas wie Sympathie für ihn, als er der Stute beruhigend über die Nüstern strich. Nein. Er war kein schlechter Mensch. Er machte seinen Job, schien aber dennoch gut zu den Tieren zu sein. Der erste Eindruck schien mich getrogen zu haben. Offenbar musste er einen gewissen Abstand zu seinen “Opfern” haben, um seine Arbeit überhaupt machen zu können. Die Weisheit “man soll Dingen, die man essen will keine Namen geben” schien sich hier auf schmerzliche und brutale Weise wiederzuspiegeln. Dennoch war dieser Mann nicht ohne Gefühl und die Schicksale, die sich tag täglich vor seinen Augen abspielten waren ihm doch nicht so egal, wie er vorgab. Wortlos verstanden wir uns und er führte mich nach ganz hinten. Da im Stroh lag Rip in Time. Er lebte und in dem Moment, als ich ihn da liegen sah, mochte er auch noch so elend aussehen, weinte ich vor Glück.
Mr. McGuiness war recht schnell bereit mir den Schimmel zu überlassen. Ich zahlte ihm umgerechnet 10.000€. Ich weiß, dass ist ein Heidengeld für ein solches Pferd, aber für mich war er es wert und ich wollte unter allen Umständen vermeiden, dass mein Angebot ausgeschlagen wurde.
Am nächsten Tag, wir hatten unseren Rückflug verschoben, kamen wir dann mit einem geliehenen Hänger zurück, um Rip in Time abzuholen. Als ich durch den Stall zu ihm ging, waren die kleine braune Stute und der Schecke nicht mehr da. Eine Träne stahl sich heimlich meine Wange hinunter und ich musste schlucken.
Es hatte uns mehr als anderthalb Stunden gekostet den Wallach dazu zu überreden aus der Box zu gehen. Dann aber war alles ganz schnell gegangen. Wie mechanisch hatte er sich in den Hänger dirigieren und darin anbinden lassen. Die gesamte Fahrt über hatte man ihn nicht gehört und auch als wir die Auffahrt von Kruger Farm hinauf fuhren war es hinter uns totenstill. Wir beschlossen ihn in einen Paddock zu stellen und Primeval dazu zu lassen, doch so weit kam es gar nicht erst. Kaum hatten wir den Motor abgestellt, ertönte plötzlich aus dem Hänger ein aufgeregtes Wiehern. Das eben noch so apathische und resignierte Pferd wurde wieder lebendig. Keiner konnte ihn mehr halten. Er stieg und zerrte auf einmal an dem Führstrick, als ginge es um sein Leben das Ding abzubekommen. Dann passierten mehrere Dinge fast gleichzeitig. Hufgeklapper, aufgeregtes Wiehern und im selben Augenblick schoss etwas Braunes über den Hof auf den Hänger zu. Dieser bebte nun und Primeval kam mühsam zum Stehen. Kurz sorgte ich mich, dass er mit seinen Hufeisen auf dem Steinboden ausrutschen könnte, doch unbegründet. Rip in Time hatte sich mittlerweile wie auch immer von seinem Strick befreit und sich wie auch immer geschafft im Hänger zu drehen, so dass der weiße Kopf nach draußen ragte. Mir kamen die Tränen, als die beiden Pferde anfingen ihre Köpfe wie Katzen aneinander zu reiben und dabei Töne von sich gaben, die ich persönlich bei einem Pferd noch nie gehört hatte. Ich schwöre euch, wenn sie gekonnt hätten, sie hätten geweint. Dieses Schauspiel dauerte mehr als zwanzig Minuten und wir ließen sie gewähren. Schließlich schafften wir es Primeval zurück zu dirigieren, die Hängerklappe zu öffnen und beide Pferde heil auf einen Paddock zu bringen.
Ihr könnt euch sicher denken, dass ich auch Primeval gekauft habe. Beide Pferde sind nur wenige Tage nach uns sicher und gut in ihrer neuen Heimat angekommen. Sie bezogen eine gemeinsame Box im Stutenstall 2, nachdem ich festgestellt hatte, dass sie nicht einmal mehr durch eine Gitterwand hatten getrennt sein wollen.

September
Unsere Neuzugänge hatten sich sehr gut eingelebt und genossen ihre Zeit auf der Koppel. Behutsam fingen wir nun auch an sie zu reiten, doch immer noch konnte einer ohne den Anderen nicht, so dass wir den jeweils Anderen immer wenigsten in der Nähe haben mussten, wenn wir mit dem Einen anständig arbeiten wollten. Es würde wohl noch einige Zeit ins Land gehen, bis die Beiden verstanden, dass sie hier gemeinsam würden alt werden können.
Ansonsten war der Monat im Großen und Ganzen sehr stressig. Wir hatten mit dem Umbau unseres Hauses begonnen und das fraß unsere Nerven. Nachdem nun das Gebäude für die Mitarbeiter fertig wahr, in dem jeder, der wollte mit seiner Familie eine großzügige Wohnung beziehen konnte, machten wir uns daran unsere eigene Wohnung aus- und umzubauen. Natürlich wohnten nach wie vor einige von meinen Angestellten im Haupthaus, aber der Großteil war in das neue Gebäude umgezogen. Staub, Lärm und unvorhergesehene Probleme diktierten fortan das tägliche Sein. Je mehr jedoch zu erkennen war wofür wir das eigentlich machten und die Grundstruktur sichtbar wurde, desto mehr freuten wir uns. Unsere Wohnung wurde um eine große Bibliothek, ein Arbeits-, bzw. Trainingszimmer für Alex, einen Wintergarten, ein Privatkino und noch so Einiges mehr erweitert. Außerdem ließ ich mir eine nagelneue 100.000€ teure Küche einbauen, von der ich jetzt schon wusste, dass ich sie wohl nicht allzu oft benutzen würde. Auch das Badezimmer passten wir mit Whirlwanne und Erlebnisdusche unseren Bedürfnissen an. Kurz - der Umbau kostete mich insgesamt mit den kleinen technischen Spielereien eine knappe halbe Million. Ende September war dann endlich alles fertig und wir konnten unser neues Domizil beziehen.
Außerdem gab ich mal wieder ziemlich viel Geld aus. Dieses Mal für mein Hobby. Man möge es kaum glauben, aber neben meinem Hof und meinen Autos habe ich auch so etwas noch. Allerdings könnt ihr euch sicherlich denken, dass auch dieses mit Pferden zu tun hat. Ich habe seit Mai immer wieder Galopper gekauft. Allerdings trainieren wir diese nicht, wie Hide und co bei uns, sondern ich habe sie hauptsächlich in Berlin ins Training gegeben. Nun standen in diesem Monat die Jährlingsversteigerungen an und ich habe kräftig zugeschlagen. 7 junge Talente wechselten in meinen Besitz und wurden wenige Tage nach der Auktion zu uns gebracht. Rohe widerspenstige kleine Dinger waren es, die weder viel von einem Halfter, noch überhaupt von menschlicher Nähe hielten. Besondern nach dem Transport hatten sie von uns erst einmal nichts mehr wissen wollen.
Erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass ich Golden Secret Mitte September nach Jerez geschickt habe. Er soll noch einige Lektionen der hohen Schule erlernen und festigen. Ich hoffe ihm tut der Aufenthalt in Spanien gut. Ist für ihn mal was Anderes.

Oktober
Wieder beschäftigte mich nahezu den ganzen Monat mein kleines Hobby. Die Jährlinge wurden nach und nach umgänglicher und wir begannen mit ihnen für den Ernst des Lebens zu üben. Also die Grundlagen wie Putzen, Hufschmied,. Tierarzt usw. Das klappte zu meiner Freude dann auch ziemlich gut.
Ansonsten war ich viel unterwegs. Dank meiner Stute Hot Spot, die sich als wahres Wunderpferd herausgestellt hatte, durfte ich mir Paris einmal näher ansehen. Nachdem besagte Stute schon in Ascot siegreich gewesen war und ansonsten auch so einige Grupperennen für sich entscheiden konnte, hatte sie sich für die inoffizielle Weltmeisterschaft der Pferden, den Prix d’Arc de Triomph qualifiziert. Ich kann euch sagen. Ich war in meinem Leben noch nie so aufgeregt. Am Ende wurde sie 2. Und ich war mehr als glücklich. Überhaupt lief der gesamte Monat nach meinem Geschmack und am Ende hatte ich mit meinen Pferden in nahezu allen wichtigen Rennen gewonnen. Mit Moonlit hatte ich nun sogar eine Winterkönigen bei mir im Stall stehen.
Ende des Monats waren sie dann alle bei mir versammelt und ich konnte unter das erste halbe Jahr meiner “Karriere” als Rennpferdebesitzer eine positive Bilanz ziehen. Das Konto, dass ich eigens dafür eingerichtet hatte jedenfalls sprach eine deutliche Sprache.
Außerdem entschloss ich mich dazu Reitbeteiligungen zu vergeben. Nachdem ich vorsichtig von einem meiner Mitarbeiter gefragt wurde, ob seine Tochter nicht mal eins meiner Pferde reiten dürfte, überlegte ich mir einige von ihnen an die Kinder und Partner meiner Angestellten als kostenlose Reitbeteiligungen zu vergeben. Diese Idee fand bei meinen Mitarbeitern und deren Familien regen Zuspruch, zumal ja nicht nur meine Angestellten im Stall waren, sondern zumeist auch deren Kinder. Wir sind mittlerweile eine so große Familie geworden, dass es auf dem Hof fast immer munter zugeht. So war das nur der letzte natürliche Schritt.
Weniger Erfreulich ist die Sache mit Hurricane. Der Wallach hatte sich in den letzten Monaten schon immer ungebärdiger und unzufriedener gezeigt. Er ging seine Artgenossen an und auch die Pfleger mochte er nur teilweise. Lange habe ich mich mit der Entscheidung getragen und wollte ihn schließlich verkaufen. Jedoch fand sich niemand passendes. Ob ich nun zu wählerisch war oder meine Zweifel gerechtfertigt waren, weiß ich nicht genau. Auf jeden Fall zog ich die Annonce wieder zurück. Ich wollte das Eigentum an ihm nicht aufgeben, da ich mir eben nicht sicher war, was passierte, wenn er nicht in den neuen Stall passte. Alle Bewerber waren mir diesbezüglich nicht eindeutig genug und ich hatte einfach ein schlechtes Gefühl dabei. So bot ich den entsprechenden Leuten an ihn auszuleihen und dauerhaft bei sich unterzustellen. Allerdings kam darauf dann keine Antwort mehr. Glücklicherweise fand sich eine Bekannte aus Köln, die gerade ein Nachwuchspferd suchte, nachdem ihr alter Wallach Zentor, den ich auch noch kannte, vor zwei Monaten im Alter von 24 Jahren gestorben war. Wir wurden uns schnell einig und ich überließ ihr Hurricane zur Probe, Zwar bin ich noch immer die Eigentümerin, aber Sabine kann ihn ausbilden und mit ihm arbeiten, wie sie es möchte. Ein weiterer Grund, warum ich das so machte war einfach, dass sie sich sonst hätte kein eigenes Pferd mehr leisten können. So aber übernahm ich alle Kosten und sie hatte sozusagen nur den Spaß. Schon nach zwei Wochen bekam ich die ersten Videos von den Beiden und war erstaunt, wie sich Hurricane gewandelt hatte. Er war nun wieder umgänglicher und genoss es offenbar der Einzige zu sein, der von seinem “Frauchen” Aufmerksamkeit bekam. Auch Sabine war aufgeblüht und man sah ihr das Glück mit dem schwarzen Wallch direkt an.

November
Traurig fing der Monat an. Unser ältester Stallbewohner, der 18-jährige Hengst Man-o-War musste in der Tierklinik am 1.11 erlöst werden.
Schon am 30.10 zeigte er erste Koliksymptome und wurde von unseren Pflegern umsorgt. Sein Zustand verschlechterte sich jedoch rapide und so entschlossen wir uns ihn am 31.10 in eine Tierklinik zu bringen. Sofort wurde notoperiert. Ein genetische Defekt hatte zu einer krankhaften Verlagerung des Darmes geführt und in einem schleichenden Prozess waren Teile davon langsam abgestorben. Der Tierarzt erklärte mir das alles ziemlich genau, aber um ehrlich zu sein war ich viel zu sehr um Sorge um da richtig hinzuhören. Nach der Operation wachte er dann problemlos auf und wir dachten schon er wäre über den Berg. Dann, am Morgen des 1.11 jedoch, erlitt er einen schweren Rückfall und musste zurück in den OP. Dieses Mal kam jede Hilfe zu spät. Sein Verdauungssystem war so irreparabel geschädigt, dass wir ihn nicht mehr aus der Narkose aufwachen ließen. Alles Andere wäre einfach eine Quälerei gewesen. Dennoch standen wir alle tagelang unter Schock. Wir hatten Hansi, wie wir ihn immer liebevoll nannten, in unser Herz geschlossen, auch wenn er erst seit Kurzem auf dem Hof war, und keiner von uns hatte so richtig daran gedacht, dass eines unserer Tiere so früh würde gehen müssen.
Natürlich durften wir ihn nicht bei uns beerdigen, aber dennoch habe ich beschlossen eine Ecke des Hofes denen zu widmen, die ihren Lebensabend bei uns erreicht haben und so stellten wir für Hansi als ersten einen kleinen Gedenkstein auf, wo wir um ihn trauern können.
Auch sonst war der November voller Abschiede. Meine drei Blüter, Hide, Vulcano, und Tiger machten sich zusammen mit unserem Trainer Thomas Lund und deren Jockeys nach England auf den Weg, um dort an einem Training teilzunehmen. Alle können dort viel profitieren, so habe ich es ihnen ermöglicht daran teilzunehmen. Schon am ersten Abend habe ich Alex vermisst. Sicher - wir telefonieren jeden Abend, aber es ist eben doch nicht das Selbe mit jemandem aufzuwachen und den Tag zu verbringen. Chrissie ging es sicher ähnlich. Als Einzige noch verbliebene Einstellerin war sie mir von Allen am meisten mit ihrer Schwester Sabi ans Herz gewachsen und so kam ich nicht umhin zu bemerken, dass sich zwischen ihr und Thomas Lund unserem jüngeren Trainer etwas anbahnte. Er half ihr regelmäßig mit den Pferden und auch sonst scharwenzelte er immer wieder um sie herum. Ich freute mich für die Beiden und um so ein schlechteres Gewissen hatte ich, Chrissie nun ihren hoffentlich vielleicht Schatz für eine so lange Zeit wegnehmen zu müssen. Immerhin bleiben “unsere Männer” bis April in New Market. Allerdings mache ich mir keine wirklichen Sorgen. Immerhin erzählt mir Alex fast täglich, wie Thomas sie alle mit Chrissie nervt. Er scheint von nichts Anderem mehr als ihr zu sprechen.
Ein wenig erfreulicher war da dann schon das Fest, das wir zum 11.11 gegeben haben. Der ganze Hof feierte in der Allzweckhalle ausgelassen mit einem Wildschweinessen den Beginn der neuen Karnevalssession 2009/2010.
Zu meinem Geburtstag kam dann Alex überraschend nach Sonnental. Er hatte sich sozusagen einen Tag frei genommen, um dabei zu sein, wenn ich mein Geburtstagsgeschenk bekam. Der Schlingel hatte mir zu gut zugehört. Ich hatte nämlich mal nebenbei erwähnt, dass es mein Traum wäre eine eigene kleine Wildpferdherde zu haben. Nun hatte ich den Schlamassel. Zusammen mit Ingo, Michael und Robert hatte er in England eine kleine Herde Exmoorponys gekauft. Unbezahlbar die Tiere, soweit ich weiß, da so selten und wertvoll. Zumindest die, die nicht als Kinderreitponys ihr Dasein fristeten, sondern noch frei in ihrer ursprünglichen Heimat umherstreifen dürfen. Egal wie, jedenfalls hat er es geschafft mir fünf Tiere zu schenken. Einen vierjährigen Hengst und vier Stuten. Alex und Robert hatten mir die Augen verbunden, mich auf ein Pferd verfrachtet und mich dann raus zu Ingos Haus gebracht. Da wartete der mit dem Trailer, den Michael aus Frankfurt geholt hatte. Mir wurde die Augenbinde abgenommen und im selben Moment, als ich noch ein Vollblut oder was auch immer daraus erwartete, machten sie die Klappe herunter und die fast wilden Pferde schossen die Rampe hinunter, hinein in den Wald. Ich war erst einmal sprachlos.
Auch die nächsten Tage konnte ich mein Glück kaum fassen. Immer wieder dachte ich an die fünf Pferde auf meinem Grundstück. Irgendwo liefen sie nun durch den Wald und lebten sich hoffentlich von den Wölfen unbehelligt gut bei uns ein. Gesehen habe ich seither keines mehr von ihnen, aber Ingo berichtet mir jeden Tag von frischen Spuren.

Dezember
Ach ja die Weihnachtszeit. Schon am ersten Advent hatten wir den Stall und alle Gebäude geschmückt. Vor dem Haupthaus hatte ich einen riesigen Weihnachtsbaum aufgestellt und ihn schön schmücken lassen. Überall in den Ställen hatten wir Tannenzweige aufgehängt und auch die Häuser dekorierten wir festlich mit Lichterketten. Es war eine Gemeinschaftsleistung des gesamten Hofes und am Ende freute sich jeder über die gelungene Aktion. An Nikolaus wichtelten wir und jeder bekam ein kleines Geschenk in seinen Spind oder seine Schuhe. Wie schon gesagt, wir sind eben eine riesengroße Familie.
Übrigens haben wir auch die Pferde nicht vergessen. Sie bekamen Sonderrationen Äpfel und Karotten, sowie jeder ein neues Halfter.
Nach zwei Monaten mit Reitbeteiligungen ist vielleicht an dieser Stelle zu sagen, dass es hervorragend klappt. Alle Pferde, sowie Menschen sind mehr als zufrieden und wenn alles so bleibt, dann können im nächsten Jahr die ersten Turniere in Angriff genommen werden. Es macht mir unheimlich Spaß ihnen beim Training zuzusehen und dabei die Entwicklung der einzelnen Teams mitzubekommen. Das ist einfach nur klasse.
Auch von Hurricane und Sabine gab es Neues. Die Beiden waren nun eine richtige Einheit und Sabine hatte beschlossen Hurricane nur noch als Freizeitpferd zu reiten. Sie wollte keine Turniere mehr und eigentlich war das in meinem Sinne. Zwar war der Wallach sehr talentiert, aber dennoch denke ich, dass ihm das Leben als Freizeitpferd besser gefallen wird.
Ich habe es übrigens wirklich geschafft ins Finale des Weltcups zu kommen. Am Ende wurde ich dritte. Absolut klasse, wenn man bedenkt, dass wir das Finale auf uns vollkommen fremden Pferden bestreiten mussten. Auch ich, die das Ganze ja organisiert hatte, kannte die Tiere nicht und hatte noch nie auf ihnen gesessen. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass der gesamte Weltcup ein voller Erfolg gewesen ist und im nächsten Jahr definitiv wiederholt wird.
Noch ehe wir es uns versahen, stand Weihnachten vor der Tür. Tja es kommt jedes ja immer so plötzlich. Alex kam über die Feiertage nachhause und so wurde der heilige Abend tatsächlich wirklich besinnlich. Wir stellten schon am Vormittag einen schön geschmückten Baum in die Allzweckhalle und verteilten darunter unsere Päckchen. Ich hatte keinen vergessen und auch die, die mit uns feierten legten alle ihre sorgfältig beschrifteten Geschenke dazu. So reichte der Platz unter dem Baum gar nicht und wir legten viele Pakete noch daneben. Es sah aus, wie in einem Weihnachtsmärchen. Als am Nachmittag dann die Kinder zur Bescherung hineinkommen durften, sah man ihre Augen glänzen. Selbst für mich war es ein überwältigender Anblick. Alex und ich schenkten uns nicht viel. Viel schöner war, dass er da war.
Das abendliche Essen war dann ungewohnt laut. Die Kinder spielten mit ihren Geschenken und die Erwachsenen unterhielten sich ausgelassen. Erst allmählich wurde es ruhiger und gegen 22 Uhr ging dann jeder seiner Wege.
Die nächsten Tage blieben eher ruhig. Wir bereiteten uns auf Silvester, noch ein großes Hoffest, vor und kämpften mit dem mittlerweile ziemlich stark gefallenen Schnee. Die Kälte machte uns richtig zu schaffen und einige Wasserrohre überlebten sie nicht. Ich würde also im nächsten Jahr auf alle Fälle da nachbessern müssen.
Außerdem quälte mich vor dem Jahreswechsel dann auch noch mein Gewissen. Ich hatte von meiner Trainerin aus Berlin erfahren, dass meine Stute Hot Spot eine Einladung nach Dubai erhalten hatte. Zuerst lehnte ich rigoros ab, denn ich wollte ihre Winterpause, die sie sich redlich verdient hatte, nicht zu früh abbrechen und zusätzlich machte mir auch die Klimaumstellung große Sorgen. Als mich dann aber auch noch ihr Jockey anschrieb, änderte ich schließlich meine Meinung noch einmal und brachte sie am 30. nach Berlin. Mir ist diese Entscheidung so schwer wie kaum eine in meinem Leben gefallen. Keiner kann sich vorstellen wie viele schlaflose Nächte ich vorher hatte.
Als ich sie dann aber in die Hände von Sunline gegeben hatte und sie ihre alte Box bezog, fühlte ich, dass es doch die richtige Entscheidung gewesen war es wenigstens zu versuchen. Ob sie bis zum 27. März fit ist, steht nämlich noch in den Sternen. Auf alle Fälle versuchen wir es.
Silvester verbrachten wir dann zunächst einmal damit alle Pferde zu versorgen und sicherzustellen, dass sie in ihren Ställen gut aufgehoben waren. Alle Paddocks wurden zugemacht und auch die Fenster nach außen verschlossen wir sorgfältig. Zwar lag der Hof ziemlich abseits der nächsten Ortschaft und auch wir knallten mehr als einen Kilometer weiter weg, aber dennoch wollten wir diesbezüglich auf Nummer sicher gehen. Den restlichen Tag schmückten wir die Allzweckhalle, bauten ein Bufet auf und legten uns schließlich alle noch ein bisschen hin. Alex war zum Jahreswechsel in England geblieben und so kümmerte ich mich alleine um den Hof bzw. alleine mit meinen Mitarbeitern.
Der Abend wurde toll. Wir tanzten, lachten, gossen Blei, zogen Knallbonbons und machten eine Menge Unfug, der bis hin zum Bau eines Riesenschneemanns ging, den wir dann jedoch alle wieder gemeinschaftlich einrissen, damit sich die Pferde am nächsten Tag davor nicht erschreckten.
Nach dem Anstoßen um Mitternacht machten wir uns dann auf den Weg zur Sommerweide. Einige der Herren waren mehr als angeheitert und kamen dort an Hosen und Jacken gezuckert an. In diesem Augenblick dankte ich meinem Einfall jemanden für das Feuerwerk zu beauftragen. So erlebten wir dann eine schöne bunte Zauberwelt am Himmel, ohne dass jemand versehentlich angesteckt wurde. Fast zehn Minuten schossen unaufhörlich Raketen in den Himmel und zerplatzten zu bunten Kreisen oder Vielecken, explodierten mehrfach in immer kleiner werdende Lichter oder ließen es goldene Funken regnen. Fontänen und ganze Batterien rundeten das Spektakel ab. Kurz - es hatte sich mehr als gelohnt.
Nachdem wir, die Nüchternen, kontrolliert hatten, dass auch die Pferde gut ins neue Jahr gekommen waren, gingen wir dann nach und nach ins Bett.

AUF EIN GUTES NEUES JAHR !

_________________
Bild


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Samstag 9. Januar 2010, 17:03 


Nach oben
  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

0 Mitglieder


Ähnliche Beiträge

Turniere nicht da vom 08.04.2009 bis zum 15.04.2009
Forum: Nicht auf dem Hof
Autor: Chrissie
Antworten: 1

Tags

Auto, Bahn, Bau, Berlin, Bild, Chat, Deutschland, Englisch

Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

cron




Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Erde, Pferd, Pferde, USA, NES

Impressum | Datenschutz